Er folgt dem schmalen Waldweg, der auf den kleinen Hügel hinaufführt. Es ist Herbst und das Laub liegt nass und schmutzig auf dem feuchten Waldboden. Es fängt wieder an zu regnen, doch es stört ihn nicht mehr. Seine Kleidung ist schon längst durchnässt. Der Boden unter seinen Füßen ist vom Regen aufgeschwemmt und glitschig. Er macht einen Schritt und rutscht aus. Er schlägt mit dem knie auf dem matsch auf. Seine Hose ist schmutzig es stört ihn nicht, steht wieder auf. Seine Gedanken kreisen immer wieder um das eine: sein Leben. Warum er? Warum jetzt? Warum überhaupt? Er ist schon fast an seinem Lieblingsplatz angekommen. Er geht immer dorthin, wenn er allein sein will. Aber heute? Heute will er gar nicht allein sein. Er war immer alleine, obwohl sie ihn alle mochten. Nur ein einziger Mensch war bei ihm, aber nicht jetzt und nie wieder. Dieser Mensch war jetzt an einem anderen Ort, einem besseren, hatte sie jedenfalls gesagt. Aber woher konnte er wissen, ob dass stimmt? Er wollte es aber. Er wollte, das sie an einem besseren Ort ist. Sie hatte viel mitmachen müssen und nun war sie an einem besseren Ort. Der kalte Wind weht ihm den noch kälteren Regen  ins Gesicht. Er vermischt sich mit den salzigen Tränen auf seinen Wangen. Seine Füße sind klamm, die Hände auch. Endlich ist er angekommen auf dem Hügel, seinem Lieblingshügel. Den Weg dorthin kann man von den normalen Wanderwegen aus nicht erkennen. Die Schultasche drückt schwer auf die Schultern. Er ist von der Schule abgehauen, hatte keine Lust mehr, wäre fast ausgerastet. Er verpasst sowieso nur ein paar Nebenfächer, nichts wichtiges. Von dem Hügel aus kann man weit über die Landschaft sehen: Langweilig, uninteressant und öde. Er setzt sich auf einen Baumstumpf. Er ist nass vom Regen, ist ihm egal. Seine Hände zittern, nicht wegen der Kälte. Er ist innerlich aufgewühlt, weiß nicht warum. Ob ihn jemand vermisst? Bestimmt nicht. Oder vielleicht doch? Ob sie bei ihm zuhause anrufen? Ihr Sohn hat die Schule geschwänzt werden sie sagen, aber es fällt bestimmt niemandem auf. Er denkt nach, über sein Leben. Er ist allein, nicht direkt, aber indirekt. Er will nicht alleine sein, aber niemand ist bei ihm. Er will nachhause gehen, aber dort ist er auch allein. Aus seiner Tasche nimmt er ein Messer, ist nicht groß, aber scharf. Er fährt sich damit über den Arm. Er schneidet sich nicht tief in den Arm, nur durch die oberen Hautschichten. Er schneidet sich nur schon vorhandene Narben auf, aber davon gibt es viele. Wie lange wird er es wohl noch geheim halten können? Was ist, wenn sie es bemerken? Was werden sie sagen? Sein Blut sickert aus der Wunde. Es lauft seinen Unterarm hinab, tropft auf den Boden. Er kennt den Schmerz, liebt und hasst ihn zugleich. Es tut weh, will nicht dran denken, ignoriert es. Das Messer fährt immer tiefer in das Fleisch. Mehr und mehr Blut, dunkel rotes Blut quillt aus der Wunde. Der Regen wird immer stärker. Regen macht traurig. Er hört keine Vögel, keine Tiere, nur den Regen und sein Herz schlagen. Laut und unregelmäßig. Wenn er das Blut sieht, ist er glücklich, aber auch traurig, todtraurig. Aber es erinnert ihn daran, dass er noch lebt, noch. Er macht den letzten Schnitt für heute und verlässt diesen Ort. Geht zu seiner Freundin, nachhause. Das dunkel Blut das aus der offenen Pulsader läuft, sickert in den Boden, vermischt sich mit dem Regen und es ist still.